Auch wenn die tierärztliche Versorgung immer teurer wird, sind Krankenversicherungen für Hunde oder Katzen in der Schweiz noch selten. Ganz anders als in Skandinavien, wie Charles Perraudin, CEO der Tierversicherung Epona, erläutert.
Bertrand Beauté
Man liebt sie, man verhätschelt sie, aber man versichert sie nicht. In der Schweiz ist nur ein geringer Anteil der Katzen und Hunde krankenversichert – ganz im Unterschied zu Schweden, wo die meisten Besitzer eine Police für Haustiere abschliessen. Wir sprachen darüber mit Charles Perraudin, CEO von Epona, einem Unternehmen
der Gruppe Vaudoise Versicherungen.
In der Schweiz sind nur knapp 10 Prozent der Haustiere krankenversichert, in den skandinavischen Ländern
dagegen mehr als 50 Prozent. Wie erklären Sie sich einen derartigen Unterschied?
In der Schweiz sind lediglich 17 Prozent der Hunde und 2,5 Prozent der Katzen versichert. Diese Prozentsätze sind zwar mit denen in Ländern wie Italien, Frankreich oder Deutschland vergleichbar, aber sie sind noch weit von denen in den nordischen Ländern oder in Grossbritannien entfernt. In Schweden sind beispielsweise 91 Prozent der Hunde und 56 Prozent der Katzen krankenversichert. Dieser Unterschied beruht vor allem auf mangelnden Informationen. Nach unseren Untersuchungen wissen nur 50 Prozent der Schweizer Tierhalter,
dass solche Versicherungen überhaupt existieren. Wenn es uns gelingen könnte, alle Besitzer zu informieren, würde die Versicherungsrate unweigerlich ansteigen.
Gibt es noch weitere Faktoren, die vom Abschluss einer Versicherung abhalten?
In der Schweiz ist die tierärztliche Versorgung relativ günstig und die Kaufkraft der Bevölkerung hoch. So zahlen viele Haustierhalter ihre Tierarztkosten, ohne eine Versicherung in Anspruch zu nehmen. Eine solche Krankenversicherung kostet durchschnittlich etwa 450 Franken pro Jahr für einen Hund und rund 300 Franken für eine Katze, je nach Selbstbeteiligung. Aber da die Kosten für den Tierarzt tendenziell weitern steigen, werden immer mehr Haushalte eine Versicherung abschliessen. Niemand stellt beispielsweise seine Feuerversicherung infrage. Denn wenn Ihr Haus abbrennt, können Sie die Kosten nicht allein tragen.
Die Versicherungsrate kann also nur ansteigen?
Der Markt für Tierpolicen verzeichnet bereits ein starkes Wachstum. Vor etwa zehn Jahren waren in der Schweiz weniger als 5 Prozent der Katzen und Hunde versichert, während es heute mehr als 10 Prozent sind. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen, selbst wenn die Tierversicherung nicht obligatorisch ist. Es handelt sich um einen sehr emotionalen Kaufprozess. Da die Besitzer immer stärker an ihren Haustieren hängen, sind sie auch immer häufiger geneigt, sie zum Tierarzt zu bringen. Dadurch erhöhen sich die Ausgaben, was sie wiederum dazu veranlassen kann, eine Versicherung abzuschliessen. Gleichzeitig wird die Tiergesundheit immer technologischer und spezialisierter – und auch das schlägt sich in höheren Kosten nieder. Diese Faktoren verstärken das Interesse, eine Krankenversicherung für das eigene Haustier abzuschliessen.
Ist diese Aktivität für die Gruppe Vaudoise Versicherungen rentabel?
Noch nicht. Die Tierversicherung ist momentan nicht rentabel, da wir uns in der Investitionsphase befinden. Die Gruppe Vaudoise Versicherungen dominiert den Sektor mit ihren Marken Animalia und Epona bereits mit einem Marktanteil von fast 60 Prozent. Wir denken, dass wir bei Erreichen einer kritischen Masse langfristig Gewinne machen können. Allerdings gibt es noch einige Herausforderungen: Unsere Kosten steigen in dem Masse, wie die Halter häufiger zum Tierarzt gehen und die Tiermedizin teurer wird. Es ist jedoch heikel, die Preise anzupassen, da jede Prämienerhöhung die Kunden verärgern kann. Die richtige Balance zu finden, ist eine echte Herausforderung.
Wirkt sich die fehlende Regulierung im Bereich der Tiergesundheit ebenfalls erschwerend auf Ihre Tätigkeit aus?
Auf jeden Fall. Im Gegensatz zum Bereich der Humanmedizin ist der Tiergesundheitsmarkt nicht reguliert. Es gibt keine Standardtarife für tierärztliche Behandlungen. Jeder Arzt legt seine Preise frei fest, was bei vergleichbaren Leistungen zu grossen Unterschieden innerhalb der Schweiz führen kann. Angesichts dieser mangelnden Planungssicherheit ist unsere Tätigkeit schwieriger zu managen als im Bereich der Gesundheitsversorgung für Menschen.